Im 9. Jahrhundert begann eine wissenschaftliche Blütezeit in der Islamischen Welt. Während der Herrschaft der Abbasiden (749-1258) wurden in Bagdad die Schriften der Antike übersetzt und weiterentwickelt. Bis heute profitieren auch wir im Westen von den Errungenschaften und dem Pioniergeist der Wissenschaftler des Orients.
Haus der Wissenschaft
Abū l-ʿAbbās Abdallāh Al-Ma’mūn war Herrscher des islamischen Reiches von 813 bis 833. Er war ein großer Befürworter der Wissenschaft. Deshalb hatte er die Vision, alle wissenschaftlichen Schriften der Welt unter einem Dach zu vereinen. Daraufhin gründete er im Jahre 825 das bait al-hikma, das Haus der Weisheit. Er ließ dort Schriften aus dem Griechischen, Aramäischen, Persischen und dem Indischen ins Arabische übersetzen. So wurden alle auffindbaren Werke der Antike übersetzt, u. a. Werke von Aristoteles, Galen, Hippokrates, Platon, Ptolemäus, Euklid oder Archimedes.
Dies war der Beginn der wissenschaftlichen Blütezeit der islamischen Welt. Interessant ist, dass neben Arabern und Persern auch Christen und Juden im Haus der Weisheit arbeiten und forschen durften und so auch Teil dieser Blütezeit wurden.
Mittelpunkt der Welt – Bagdad
In Bezug auf Wissenschaft, Kultur, Kunst und Handel war Bagdad zu dieser Zeit der Mittelpunkt der Welt. Als Ende des 10. Jahrhunderts alle wichtigen Werke des Altertums übersetzt waren, machten Wissenschaftler sich daran, dass Wissen der Antike zu verstehen und weiterzuentwickeln.
Die Menschen im Orient waren neugierig auf das Wissen der Antike. So studierten die jungen, wissbegierigen Wissenschaftler Medizin, Philosophie, Mathematik, Alchemie und Astronomie der Antike. Die arabischen Wissenschaftler fügten den Werken der antiken Wissenschaftler viel hinzu und erweiterten so deren Wissen und Erkenntnisse.
Im bait al-hikam forschten bedeutsame Mathematiker wie Al-Chwarismi; die heutige Mathematik wäre ohne ihn undenkbar. Er schrieb das Buch Al-Gabr, das die Grundlage für Algebra war. Der Geograf Al-Idrisi schuf Weltkarten, die über Jahrhunderte verwendet wurden. Der Physiker Al-Haytham schrieb das ‚Buch der Optik‘ und verhalf damit im 13. Jahrhundert dem englischen Philosophen Roger Bacon zur Erfindung der Brille.
Ibn Sina stütze seine Lehren auf Aristoteles
Auch in der Medizin waren die Fortschritte in dieser Zeit enorm. So soll es in Bagdad bereits Ende des 8. Jahrhunderts Hunderte von Krankenhäusern gegeben haben. Der sagenumwobenen Perser Ibn Sina – auf Lateinisch Avicenna genannt – ist bis heute unvergessen. Er lebte von 980 – 1037 und wird sowohl im Orient als auch im Okzident verehrt. Ibn Sina stützte sich u.a. auf die Lehren von Aristoteles und schrieb mehr als 400 Schriften zu Medizin, Mathematik, Physik und Ethik. Sein berühmtestes Werk ist der ‚Kanon der Medizin‘.
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Im Haus der Weisheit – Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur
al-Andalus – Geschichte des islamischen Spanien
Im Abendland drohte das geistige Wissen in Vergessenheit zu geraten
Zur gleichen Zeit in Europa sah das Ganze ganz anders aus: das geistige Wissen der Griechen drohte in Vergessenheit zu geraten. Die Kirche verbat im Abendland ein Denken fern der kirchlichen Strukturen. So war es den Menschen in Europa nicht möglich, sich aus eigener Kraft weiterzuentwickeln.
Doch dann fand all das Wissen der Antike gepaart mit den neuen Errungenschaften aus dem Orient seinen Weg nach Europa. Im 8. Jahrhundert fand eine fruchtbare Begegnung der Kulturen statt. Mit der Absicht, den jungen Islam zu verbreiten, zogen arabische Stämme zu dieser Zeit nach Syrien, nach Nordafrika und schließlich über das Mittelmeer auf die Iberische Halbinsel, dem heutigen Spanien und Portugal.
Al-Andaluz – Blühendes Reich der Wissenschaft
Die Iberische Halbinsel, von den Arabern Al-Andaluz genannt, wurde zu einem blühenden Reich der Wissenschaft. Deshalb spricht man auch vom Goldenen Zeitalter in Al-Andaluz. Unter islamischer Herrschaft lebten zu der Zeit erstaunlicherweise alle drei monotheistischen Religionen in Frieden und Eintracht zusammen. So hatten in Städten wie Cordoba und Sevilla auch christliche und jüdische Philosophen die Möglichkeit, das Wissen der Antike zu studieren. Die einzige Bedingung war, dass sie Steuern zahlten.
Wie oben erwähnt, übersetzten Menschen aus dem Orient ihre wissenschaftlichen Errungenschaften vom Arabischen ins Lateinische. Erst auf diesem Umweg wurden die Werke der Antike dem Westen zugänglich; ihnen war das Wissen der Antike bisher gänzlich unbekannt oder es war vorher gar durch religiöse Naivität zerstört worden.
Wissenschaftliche Blütezeit – Geschenk des Orients an den Okzident
So lernten westliche Wissenschaftler erst durch die Menschen aus dem Orient u.a. das Vermächtnis des griechischen Philosophen Aristoteles kennen. Zudem lehrten die orientalischen Wissenschaftler den Europäern medizinisches und pharmazeutisches Wissen. So wurde auch das Werk Ibn Sinas ‚Kanon der Medizin‘ in den Jahren 1150 bis 1187 ins Lateinische übersetzt. Es war über 600 Jahre das Standardwerk der Medizin in Europa. Unglaublich, nicht wahr?
Und wie der Name bereits sagt, waren es die Araber, die die arabischen Ziffern entwickelten und an den Westen weitergaben. Erst so lernte man in Europa das Rechnen. Um 1200 n. Chr. herum wurden die ersten Universitäten gegründet.
Die arabischen Wissenschaftler waren es, die Europas Aufklärung eine Grundlage schafften. Es ist also dieser wissenschaftlichen Blütezeit der islamischen Welt zu verdanken, dass die Wissenschaft der Antike nicht verloren ging und im Mittelalter weiterentwickelt wurde. Die abendländischen Wissenschaftler wussten, dass sie einen Großteil ihres Wissens den Arabern zu verdanken hatten. Doch das wird heute gerne von uns Europäern vergessen und unter den Teppich gekehrt. Bis heute ist das Wissen der Griechen, der Perser und der Araber Grundlage für die modernen Naturwissenschaften. So war diese wissenschaftliche Blütezeit ein großes Geschenk des Orients an den Okzident.
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