Die Islamische Herrschaft von 711 bis 1492 in Andalusien, das sogenannte Goldene Zeitalter, ist ein wichtiger Teil Europäischer Geschichtsschreibung, und damit ein Teil Europas. Bis heute haben wir orientalischen Gelehrte viel zu verdanken. Vielleicht wären wir in Europa nicht dort, wo wir heute sind. Zudem ist das Goldene Zeitalter ein Synonym gegenseitiger Toleranz der drei abrahamitischen Religionen.
Algebra, Alchemie, Alkohol
Viele wissenschaftliche Errungenschaften aus früheren Zeiten auf Gebieten der Mathematik, der Philosophie, der Chemie, der Medizin und der Astronomie gehen auf griechische und arabische Gelehrte zurück. Wörter wie Algebra, Alchemie oder gar Alkohol haben arabischen Ursprung, denn in ihnen steckt die arabische Vorsilbe al-; also sprechen wir von al-Gebra, al-Chemie, al-Kohol. Interessant, nicht wahr?
Die Iberische Halbinsel wurde zu Al-Andalus
Im Jahre 711 überquerte der berberische Heerführer Tariq ibn Ziyad mit seinen Truppen die Meerenge von Gibraltar und zog auf der Iberischen Halbinsel ein. In wenigen Jahren besiegte er den westgotischen König Rodrigo. Ab dem Moment stand der muslimischen Herrschaft nichts mehr im Weg. Der Islam war nun eine politische, religiöse und kulturelle Macht in dieser Region Europas. Die Araber gaben der Halbinsel den Namen Al-Andalus und schufen eine Kultur, in der Muslime, Juden und Christen friedlich zusammenlebten. Es entstand eine kulturelle Symbiose von Orient und Okzident.
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Goldenes Zeitalter und Multikulturismus in Andalusien
Über 700 Jahre herrschte in Andalusien ein Multikulturismus. Die Bibliothek von Córdoba umfasste damals mehr Bücher als die Bibliotheken im übrigen Westeuropa zusammen. Mit einer Millionen Einwohner war Cordoba damals die größte Stadt Europas. Der Islam war die führende Weltzivilisation. Die Alhambra in Granada, der Alcazar in Sevilla und die Moschee von Córdoba erinnern bis heute an dieses Goldene Zeitalter. Die Alhambra ist bis zum heutigen Tag mit über 3 Millionen Besuchern jährlich die meist besuchte Sehenswürdigkeit ganz Spaniens.
Befreiung der Juden durch berberisches Heer
Was kaum einer weiß, den Juden ging es vor der Eroberung Tariq ibn Ziyads unter der Herrschaft der Westgoten richtig schlecht. Die Westgoten-Könige hatten in den Konzilien von Toledo 589 und 694 Gesetze erlassen. Ein Gesetz verbot Mischehen mit Christen. Zudem wurde eine hohe ‚Judensteuer‘ beschlossen sowie die Versklavung von Erwachsenen und Verschleppung der Kinder, um sie christlich zu erziehen. Grausam, findet Ihr nicht? So befreite das Heer Tariq ibn Ziyads die dort lebenden Juden von einer drückenden Last der Germanen.
800 Jahre blühende Wissenkultur in Al-Andalus
Die blühende muslimische Herrschaft sollte 800 Jahre währen. In Al-Andalus blühte bis zum 12. Jahrhundert eine Wissenskultur, die zur Weltspitze gehörte; sie entstand durch die Zusammenarbeit zwischen zwei Weltreligionen, dem Islam und dem Judentum.
Zurückeroberung durch Alfons VIII. – Beginn der Reconquista
Doch in der Schlacht bei Las Navas de Tolosa im Jahre 1212 besiegte ein Bündnis der Königreiche Kastilien, Aragón, Portugal und Navarra unter Alfons VIII. die maurischen Almohaden unter Kalif Muhammad an-Nasir. Die sogenannte Reconquista begann. Danach gelang es den christlichen Staaten, weite Teile des muslimischen Gebiets in Al-Andalus zurückzuerobern. 1492 unterlag das Königreich von Granada – als letztes islamisches Königreich – einem Feldzug der Katholischen Monarchen Ferdinand von Aragón und Isabella von Kastilien. Damit ging das Goldene Zeitalter in Andalusien zu Ende. Im Jahre 1609 verkündete König Philipp III. dem Papst in Rom, dass das christliche Werk getan sei. Doch dieser religiöse Akt beendete auch schlagartig einen jahrhundertealte Wissenskultur. Die Seidenraupenzeit, Wasserräder, Baumwolle bis hin zur Herstellung von Papier, um nur ein paar zu nennen, all das geht auf diese Blütezeit zurück. Das christliche Abendland konnte zu dieser Zeit der kulturell-wissenschaftlichen Strahlkraft des islamischen Europas nichts Gleichwertiges entgegensetzen.
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