Man mag es kaum für möglich halten, aber der Begriff Orientierung stammt tatsächlich von dem Wort ‚Orient‘. Orientieren bedeutet so viel wie ‚sich nach Osten ausrichten.‘
Christliche Weltkarten zeigten den Osten oben
Kaum einer weiß heute noch, dass christliche Weltkarten bis ins 15. Jahrhundert den Osten oben zeigten, dort, wo die Heilige Stadt Jerusalem liegt. Auf diesen Karten war also nicht der Norden oben, sondern der Osten in Richtung Jerusalem.
Es geht sogar noch weiter. Die katholischen Kirchen wurden bis zu dieser Zeit nach Osten, also in Richtung Orient ausgerichtet. Man spricht bei dieser gezielten Ausrichtung einer Kirche nach Osten von Ostung. Zudem war die im Osten aufgehende Sonne ein Sinnbild für die Auferstehung Christi.
Ursprünglich war der Orient eine der vier römischen Weltgegenden. An der römischen Achse zwischen Norden (Mitternacht) und Süden (Mittag) lagen der Orient im Osten und der Okzident im Westen. Spannend, findet Ihr nicht?
Ort der aufgehenden Sonne
Der Begriff Orient (=Osten) stammt aus dem Lateinischen und ist abgeleitet von sol oriens, das bedeutet ‚Ort der aufgehenden Sonne‘. Martin Luther nannten den Orient auch ‚Morgenland‘. Hingegen bedeutet der Begriff Okzident (abgeleitet von sol occidens) ‚Ort der untergehenden Sonne‘. Folglich ist der Okzident dann das Abendland.
Ursprung im Orient – Judentum, Christentum und Islam
Es ist also nicht verblüffend, dass alle drei monotheistischen Weltreligionen, nämlich das Judentum, das Christentum und der Islam, ihren Ursprung im Orient haben. So lebte Moses im Sinai, Jesus wurde in Bethlehem geboren und Mohamed in Mekka. Der Glaube an Gott gibt vielen Menschen in schwierigen Zeit, wie wir sie mit der Pandemie gerade erleben, Hoffnung, Halt und Orientierung. Die Pandemie und das schnellausbreitende Virus zwingen uns, wieder mehr Zeit zuhause zu verbringen und uns nach innen zu kehren.
Rückzug in der dunklen Jahreszeit
Eine liebe Freundin machte mich letztes Jahr darauf aufmerksam, dass es uns die Natur vormacht. Wenn es kälter wird, fallen die Blätter von den Bäumen. Nachdem das letzte Laub gefallen ist und es vermehrt regnet, ziehen sich die Bäume in sich zurück, um sich für den Winter zu stärken. Auch die Tiere, wie beispielsweise die Eichhörnchen, legen sich einen Wintervorrat an und verstecken so für sich Nüsse und Kastanien.
So verbringen auch wir in der dunklen Jahreszeit mehr Zeit zuhause. Wir hüllen uns gerne in eine warme Decke, trinken eine leckere Tasse Tee und lesen ein gutes Buch.
Weckruf und Orientierung
Vielleicht hören wir es nicht gerne, aber ich glaube, dass der Corona-Virus so etwas wie ein Weckruf für uns alle ist, der uns erinnert, dass es auf Dauer nicht immer um ‚Höher, Schneller, Weiter‘ gehen kann. Ich habe das Gefühl, dass wir im Jahre 2020 durch die Umstände viel gelernt haben: Wir gehen wieder etwas sorgsamer mit unseren Mitmenschen und mit uns selbst um. Gewinnmaximierung ist schön und gut, aber sie sollte nicht das Maß aller Dinge sein. Es gibt Dinge, die viel wichtiger sind. Werte wie Zusammengehörigkeit, Empathie, Aufrichtigkeit und Familie haben in den vergangenen Monaten – wie ich finde – einen höheren Stellenwert bekommen.
All das, was ich in den vergangenen 20 Jahren immer eher im Orient und in den Menschen dort gefunden habe, nämlich Warmherzigkeit, Hilfsbereitschaft und Güte, finde ich nun auch wieder vermehrt hier. Durch die Kurzarbeit hatten viele Menschen mehr Zeit und kamen zur Ruhe. Ich denke, wir suchen nach Orientierung und möchten im Grunde unseres Herzens wieder mehr fühlen und spüren. Denn wir sind in den vergangenen Jahrzehnten viel zu kopflastig geworden. Wir haben verlernt, in uns hineinzuhören und uns selbst zu spüren.
Deshalb meine Bitte und mein Rat an Euch: Nehmt die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Beschränkungen nicht nur als Last oder gar als Fluch. Alles hat im Leben einen Sinn. Seit vielen Jahren gibt mir meine eigne Lebensphilosophie Orienterung, Halt und Mut: Everything happens for your own good.
Lasst Euch von den vielen Diskussionen um Lockdown, Corona-Zahlen, Maskentragen etc. nicht verrückt machen, sondern nutzt die Zeit, die Ihr mehr zuhause verbringt. Genießt die Zeit, die Ihr mehr für Euch und Eure Familien habt. Der beste Schutz gegen das Virus ist ein gesundes Immunsystem, ein ausgeglichenes Ich und ein schönes Zuhause, wo Ihr Euch wohlfühlt.
Plätzchenbacken, Basteln und Teetrinken
Vielleicht weisen uns die Umstände, die das Corona-Virus mit sich bringt, neue Wege und geben uns in gewisser Weise Orientierung und Neuausrichtung. Deshalb genießt den Herbst und die anbrechende dunkle Jahreszeit. Und wenn Ihr Kinder habt, bastelt und backt wieder mehr mit Ihnen. Und… trinkt viel heißen Tee. Abwarten und Teetrinken quasi.
Alles Liebe, Eure Annette
Oktober 2020
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