Im Jahre 1798 brach der junge Napoleon Bonaparte im Auftrag der französischen Regierung nach Ägypten zu seinem Ägyptenfeldzug auf. Die Expeditionsflotte bestand aus rund 280 Schiffen und 30.000 Mann. Mit an Bord waren auch 167 Wissenschaftler, Ingenieure, Künstler, Ärzte, Mathematiker und Naturforscher. Neben militärisch-strategischen Interessen sollte die Expedition auch für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden. Die Aufgabe der mitreisenden Wissenschaftler und Künstler war es, das Land, seine Geschichte und Kunstdenkmäler zu erforschen. Die Franzosen wollten auch moderne politische und wirtschaftliche Strukturen in Ägypten aufbauen.
Ägypten – strategisch gut gelegen
Das strategisch gut gelegene Land Ägypten zwischen Afrika, Asien und Europa sollte kartografiert und zu katalogisiert werden. Die Franzosen nannten den Ägyptenfeldzug ‚Expédition d’Égypte‘. Der Erzfeind Großbritannien hatte die ägyptische Landenge zwischen Mittelmeer und Rotem Meer belagert. Sie diente Großbritannien als Abkürzung der Handelsroute nach Indien. Das war einer der Gründe Frankreichs, Ägypten zu belagern. Zudem bot Ägypten Güter aus dem Nildelta wie Reis und Getreide an. Hinzu kam, dass dort Handelsgüter aus dem Süden, wie Kaffee, Gold und Elfenbein, gehandelt wurden.
Landung von Napoleons Truppen in Ägypten
Zu dieser Zeit gehörte Ägypten zum Osmanischen Reich: Unter der osmanischen Oberherrschaft regierten mamelukische Beys, Nachkommen türkischer Militärsklaven, das Land am Nil. Am 2. Juli 1798 landete Napoleon und seine Truppen in Alexandria und wanderte weiter nach Kairo. In der Schlacht bei den Pyramiden war das Heer der Mameluken machtlos gegenüber den französischen Eliteneinheiten. Oft nur mit Krummsäbeln bewaffnet waren die Mameluken den Franzosen unterlegen. So fiel nicht nur Kairo, sondern das gesamte Land, an die Franzosen.
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Napoleon im Land der Pyramiden
Napoleon – Freund der Muslime?
Nach seinem Sieg erklärte Napoleon den Ägyptern, dass sie nun von der Sklaverei der mamelukischen Beys befreit seien. So versuchte Napoleon zu vertuschen, dass der wahre Grund der Expedition die Unterwerfung Ägyptens war. Napoleon wollte als Freund der Muslime gesehen werden. Geplant war, dass Ägypten sich nach französischem Vorbild selbst verwaltete. Trotzdem standen die Ägypter den Franzosen misstrauisch gegenüber. Um die Gunst der Ägypter zu gewinnen, kleidete Napoleon sich im traditionellen orientalischen Gewand, der Dschallabeyya. Angeblich besucht er auch muslimische Gebete in den Moscheen Kairos.
Zerstörung großer Teile der französischen Truppe durch die Briten
Doch der Erfolg des Ägyptenfeldzugs war nur von kurzer Dauer. Die Briten zerstörten einen großen Teil von Napoleons Flotte in der Seeschlacht bei Abukir. Etwas 2.000 französischen Matrosen ertranken dabei. Auch in der ägyptischen Bevölkerung regte sich Widerstand. So kam es Ende Oktober 1798 durch die Elite Kairos zu einem Aufstand gegen Napoleons Fremdherrschaft. Der ägyptische Gelehrte Abd al-Rahman al-Dscharbarti nahm Napoleon von Anfang an seine angebliche Islambegeisterung nicht ab. Für ihn waren die Franzosen keine Befreier, sondern Eindringlinge.
Die Franzosen versuchten, ihre Macht auch nach Syrien auszudehnen. Napoleons Heer ritt den Osmanen bis Akkon im heutigen Israel entgegen. Jedoch zwangen hohe Verluste, Seuchen und Hitze den Feldherrn und sein Heer, nach Ägypten zurückzukehren.
Napoleons Rückkehr nach Frankreich
In Frankreich verschlechterte sich die innenpolitische Lage. Napoleon kehrte daraufhin im August 1799 nach Frankreich zurück und übergab das Kommando in Ägypten seinem General Jean-Baptiste Kléber. In einem Staatsstreich riss Napoleon in Frankreich die Macht an sich. Seine Fehlschläge in Ägypten stellte er als Erfolge da. Die Franzosen blieben noch für zwei überaus fruchtbare Jahre in Ägypten, bis sie im September 1801 von den Briten in die Flucht geschlagen wurden.
Napoleons Feldzug – militärischer Verlust, aber wissenschaftlicher Gewinn
Militärisch war der Ägyptenfeldzug ein riesiger Verlust. Von 30.000 französischen Soldaten starben ca. 20.000, darunter auch der General Kléber, der von Extremisten ermordet wurde. Diese Tat läutete das Ende der französischen Präsenz in Ägypten ein.
Napoleons Expedition war jedoch ein wissenschaftlicher Gewinn: Die Forscher kartografierten erstmals ganz Ägypten. Alle Erkenntnisse der Expedition wurden in der Text- und Bildsammlung ‚Description de l’Égypte‘ zusammengefasst und dokumentiert. „Mit einem Gefühl der Freude und der Ungläubigkeit denke ich daran, dass ich an einem der bemerkenswertesten Punkte der Welt war, an Orten, die in gewisser Weise märchenhaft erschienen und deren Namen … eine ungeheure, ja geradezu magische Bedeutung angenommen haben,“ schrieb der Ingenieur Michel-Ange Lancret in der ‚Description de l’Égypte‘. Diese Wissenschaftler legten tatsächlich den Grundstein für die Ägyptologie. Der spektakulärste Fund der Expedition war der ‚Stein der Rosetta‘; ihn fand man im Juli 1799 im Nildelta. Mit Hilfe des `‚Steins der Rosetta‘ konnte Jean-Francois Champollion die altägyptischen Hieroglyphen erstmals entziffern.
Interesse an altägyptischer Kultur wuchs in Europa
Die altägyptische Kultur stieß auf großes Interesse in Europa. Die Ägyptische Expedition verstärkte die moderne Ägyptenbegeisterung, so dass dort die bereits existierende Vorliebe für die ägyptische Kultur, auch Ägyptomanie genannt, wuchs. Plötzlich waren Mode, Geschirr, Architektur und Innenausstattung im ägyptischen Stil überall in Europa en vogue. In Literatur und Kunst entwickelte sich der sogenannte ‚Orientalismus‘, der im späten 19. Jahrhundert mit Werken von beispielsweise Auguste Delacroix, Jean Lecomte du Noüy oder Jean-Léon Gérôme seinen Höhepunkt erreichte.
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Orientalismus in Europa – Von Delacroix bis Kandinsky
Gemeinfreie Bilder wurden in der Collage verwendet:
Schlacht bei den Pyramiden – François Louis Joseph Watteau
Napoleon an der Sphinx – Jean-Léon Gérôme
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_wei%C3%9Fe_Sklavin_(Gem%C3%A4lde)#/media/Datei:The_White_Slave.jpg
Die weiße Sklavin – Jean Lecomte du Nouÿ
Bonaparte besucht Pestkranke in Jaffa – Antoine-Jean Gros
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